Sonnenenergie und andere regenerative Energiearten stehen stellvertretend für die Energiewende in Deutschland. Die Wasser-Elektrolyse ist eine Schlüsseltechnologie, die die Energiewende an einer Schwachstelle unterstützen soll, nämlich der Möglichkeit, die gewonnene Energie zu speichern. Wasserstoff ist ein Sekundärenergieträger, der aufgrund seiner hohen Energiedichte die effiziente Energiespeicherung ermöglicht. Deshalb kann die Wasser-Elektrolyse einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Wasserstoff ist ein sauberer Energieträger. Bei der Umwandlung zu Strom in einer Brennstoffzelle zeichnet er sich durch eine sehr hohe Energieausbeute aus. Wasserstoff ist außerdem transportabel und kann damit vor Ort bei den Verbrauchern eingesetzt werden. Besonders wichtig ist die Wasserstofftechnologie für energieintensive Industriezweige wie die Stahlerzeugung oder beim Betrieb von Raffinerien. Aber auch für moderne Mobilitätslösungen steht Wasserstoff hoch im Kurs: als transportabler Energieträger, der zudem lokal emissionsfrei ist.
Aufbau eines modernen Elektrolyseurs
Im Verbund-Forschungsprojekt ‚Elektrolyse made in Baden-Württemberg‘ beteiligen sich die DITF am Aufbau eines hochmodernen Elektrolyseurs für die alkalische Wasserelektrolyse, der dem Technologietransfer in die Industrie dienen soll. Die Projektkoordination liegt beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW), das den Demonstrator mit einer elektrischen Leistung von einem Megawatt aufbauen wird. Aufgabe der DITF ist die Entwicklung und Herstellung vliesverstärkter Membranen für die Elektrolysezelle.
Die Wasserelektrolyse ist ein elektrochemischer Vorgang mit dem Ziel, Wasserstoff aus Wasser zu gewinnen. In einer Elektrolysezelle, wird dabei Wasser auf elektrochemischem Wege aufgespalten und setzt gasförmigen Wasserstoff an einer Kathode und Sauerstoff an einer Anode frei. Anode und Kathode sind dabei durch eine Membran getrennt. Der Stromdurchgang wird durch die Membran nicht unterbrochen. Je nach Aufbau der Elektrolysezelle ermöglicht die Ionenleitfähigkeit der Membran den Austausch von Ionen.
Die Membran ist gasdicht und verhindert damit die Durchmischung der entstehenden Gase an Anode und Kathode.
Derartige Membranen sind zwar bereits weit verbreitet, doch haben sie i.d.R. aufgrund ihrer Materialstärke einen relativ hohen ohmschen Widerstand. Ein entsprechend höherer Energieaufwand ist für die Elektrolyse notwendig. Dünne und hocheffiziente Membranen mit besseren elektrochemischen Eigenschaften sind dagegen bisher nicht robust genug, insbesondere bei deren Verwendung in größeren Zellen. Sie sind empfindlich gegenüber mechanischen Belastungen und neigen zu Spannungsrissen.
Verstärkte Membranen aus den DITF
An den DITF stellt man im Rahmen des Forschungsprojektes Membranen aus Polymeren her, die modifiziert werden und damit passgenau auf ihre Aufgabe abgestimmt sind. Die Membranen zeigen hervorragende elektrochemische Eigenschaften. Sie sind chemisch stabil im alkalischen Milieu, also unter den Bedingungen, die im Inneren der Elektrolysezelle herrschen. Die Membranen sollen außerdem eine gute Dauerbeständigkeit aufweisen. Das bedeutet, dass sie auch unter dauerhafter Belastung nahezu fehlerfrei arbeiten. Die Membranen sind kostengünstig in der Herstellung und in der Nutzung.
Die mechanische Stabilität der Membran ist ein zentraler Punkt in der Entwicklung. Zum einen soll sie so dünn wie möglich sein, um hocheffizient zu arbeiten. Zum anderen sollte eine gewisse Dicke nicht unterschritten werden, um die mechanische Belastbarkeit zu gewährleisten. Die mechanische Belastung ist nicht zu vermeiden, da bei der Blockmontage die Membranen mit den meist porigen, strukturierten Oberflächen der Elektroden im Block verpresst werden.
Um diese schwierige Situation zu entschärfen, schlagen die Forscher an den DITF einen besonderen Weg ein: Die Membranen können durch Einsatz von Vliesstoffen aus Feinstfasern (Faserdurchmesser 0,2-2μm) mechanisch verstärkt werden. Die Entwicklung geeigneter Vliese, deren struktureller Aufbau und die Wahl ihrer chemischen Zusammensetzung sind dabei eine ebenso große Herausforderung wie die Herstellung der Membranen. Ein eigens entwickelter integrierter Verstärkungsrahmen aus Komposit-Materialien fängt zudem mechanische Druckbelastungen ab und schützt die Membran zusätzlich. Neben der reinen mechanischen Stabilisierung wird es möglich sein, mit Hilfe der Vliese den Wasserstoffdurchtritt durch die Membran zu verringern. Die Grenzfläche zwischen Membran und Vlies hat im Aufbau dieses Verbundes eine besondere Bedeutung: Der elektrische Übergangswiderstand muss hier geringgehalten werden, um die Effizienz der Zelle nicht zu beeinträchtigen. Durch die Wahl des Materials für die Vliesstoffherstellung oder durch eine Oberflächenbehandlung des Vlieses lässt sich hierauf Einfluss nehmen. So werden die elektronischen Eigenschaften, aber auch die Faser-Matrix- (bzw. Faser-Membran-) Haftung, die entscheidend ist, um eine Stabilitätserhöhung durch den Vlieseinsatz zu erzielen, sichergestellt und weiterentwickelt.
Derart unterschiedliche Materialien wie eine elektrochemische Membran und einen textilen Vliesstoff zusammenzuführen, ist ein sehr anspruchsvolles Unterfangen. Umso beachtenswerter sind die ersten erfolgversprechenden Laborergebnisse. Erste vliesverstärkte Membranen liegen vor und werden hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit erprobt. Jetzt wird es darum gehen, den Aufbau der Membranen zu optimieren.
Zu einem späteren Zeitpunkt werden sie dann ihren Dienst tun – vorerst innerhalb des Demonstrators, der in diesem Verbundprojekt den Stand der Technik vorgeben wird.
Projektinformation:
Unter den Schlagworten ‚Elektrolyse made in Baden-Württemberg‘ fördert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg ein Verbund-Forschungsprojekt mit fünf Millionen Euro. Federführende ist das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Verbundpartner sind neben den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Hahn-Schickard Gesellschaft für angewandte Forschung (HS) in Stuttgart. Ziel ist die Entwicklung einer modernen, hocheffizienten Wasser-Elektrolyseanlage, die als Demonstrator für den Technologietransfer dienen wird. Die Technologie soll Anlagenbauern und Komponenten-Herstellern dabei unterstützen, sich im internationalen Wettbewerb vorteilhaft zu positionieren. Fachfirmen werden dabei von Anfang an in das Entwicklungsprojekt mit eingebunden. Das Projekt versteht sich als Initiator für eine hochmoderne Elektrolysefertigung in Baden-Württemberg.