Denkendorf sz Jede vierte Textilmaschine auf der Welt kommt aus Deutschland – aber nur jedes zehnte Auto. Damit ist schon klar: Die Textilbranche ist hierzulande immer noch relevant. Auch wenn sie einen harten Strukturwandel hinter sich hat – die Bekleidungsindustrie ist weitgehend nach Asien abgewandert –, liegt das Zentrum für die Entwicklung neuer Technologien nach wie vor in Baden-Württemberg.
Im Fokus stehen dabei die technischen Textilien. Das sind nicht einfach nur Stoffe, aus denen Kleider oder Bettwäsche entsteht. Es sind Hightech-Produkte. Erforscht und entwickelt werden sie an den „Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung“ in Denkendorf bei Esslingen, dem größten Textilforschungszentrum in Europa. Beeindruckt lässt sich die Wirtschaftsministerin des Landes, Nicole Hoffmeister-Kraut, dort zeigen, was alles aus Textilfasern hergestellt werden kann. Das sind zum Beispiel kleine, ringförmige, Verschlüsse, die bei Bandscheibenvorfällen eingesetzt werden können. Damit wird der Riss in der Bandscheibe verschlossen.
Eine gewaltige Herausforderung
Oder Teile aus Glas- oder Carbonfaser, die in Autos, Flugzeugen und in der Raumfahrt zum Einsatz kommen, überall dort, wo Gewicht eingespart werden muss. Eine Motorhaube oder eine Strebe am Autoverdeck aus Textilfaser ist deutlich leichter als eine aus Stahl und kann genauso belastbar sein. „Die Zukunft ist textil“, sagt deshalb Professor Michael Buchmeiser, der das Teilinstitut für Textilchemie und Chemiefasern leitet. Es ist eines von drei Instituten, die in Denkendorf zusammengefasst sind. Faserbasierte Werkstoffe spielen in fast allen Bereichen eine immer größere Rolle. Neben der Automobilbranche ist das vor allem das Baugewerbe. Hier kommen etwa Vliesstoffe im Straßenbau zum Einsatz, Polyester-Gewebe, wie auf dem Dach der Mercedes Benz-Arena, oder Faserteile, die in Betonbrücken den schweren Stahl ersetzen. Den Beton selbst austauschen zu können, ist allerdings noch Zukunftsmusik, jedoch ein lohnenswertes Ziel, macht Buchmeiser klar: „40 Prozent des weltweiten CO-2 Ausstoßes stammen aus der Betonherstellung“. Eine gewaltige Herausforderung.
Damit das Institut solche angehen kann, überreicht die Ministerin einen „Zuwendungsbescheid“ über 2,3 Millionen Euro. Mit einem Teil der Förderung soll für das Teilinstitut Textilchemie eine Nassspinnanlage angeschafft werden. Unter „Nassspinnen“ versteht man Verfahren zur Herstellung von Chemiefasern. Eine zweite Maschine erhält das Teilinstitut für Textil- und Verfahrenstechnik. Es ist eine Web-Anlage, mit der 3D-Konstruktionen aus technischen Textilien hergestellt werden können. „Diese Investition kommt besonders den kleinen und mittleren Unternehmen im Land zugute, denn sie profitieren in großem Maße von den Forschungsergebnissen der Institute“, sagt Hoffmeister-Kraut.
Antrieb für Innovationen bei technischen Textilien erhofft sich die Ministerin auch von Gründern, die bei den Forschern in Denkendorf Unterstützung finden. „Das Institut bietet Gründern die Möglichkeit, neue Ideen zunächst zu testen, bevor sie in eine Produktion investieren“, erklärt Professor Götz Gresser, der das Teil-institut Textil- und Verfahrenstechnik leitet. So könnte aus der einstigen Wiege der Textilindustrie ein neues „Textile Valley“ werden.
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