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Auch EU nimmt Unternehmen in die Pflicht

Ein Jahr später als ursprünglich geplant haben die EU-Kommissare Reynders und Breton am 23. Februar ihren mit Spannung erwarteten Vorschlag für eine EU-Lieferkettenrichtlinie vorgestellt. Er geht deutlich über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus, bleibt aber hinter den Forderungen des Europäischen Parlaments zurück. Der Ball liegt jetzt beim Parlament und den 27 Mitgliedstaaten. Die wesentlichen Neuerungen des Vorschlags umfassen vor allem die betroffenen Unternehmen, den inhaltlichen Umfang der Sorgfaltspflichten und die Reichweite der Verantwortung. Die Definition der betroffenen Unternehmen nach EU-Recht zieht die Grenze zunächst bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und über 150 Mio. EUR
Nettoumsatz im Jahr. Die Kommission schlägt allerdings eine Verschärfung auf 250 Beschäftigte und über 40 Mio. EUR Umsatz vor, wenn es sich um Unternehmen handelt, die mehr als 50 Prozent in bestimmten Sektoren erwirtschaften. Die Herstellung und der Großhandel von Textilien, Lederartikeln und ähnlichen Produkten zählt zu diesen Sektoren.
Die Richtlinie sieht die Beachtung der Sorgfaltspflichten entlang der kompletten Wertschöpfungskette vor, aber keine Haftung für
alle Stufen. Die vom Entwurf umfassten Sorgfaltspflichten orientieren sich an einer Vielzahl internationaler Verträge im Bereich Menschenrechte und Umwelt. Hervorzuheben ist, dass die Pflichten in letzterem Bereich deutlich über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinausgehen. Ein Artikel sieht außerdem vor, dass die im ersten Schritt betroffenen Unternehmen einen Plan aufstellen müssen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell mit einer nachhaltigen Wirtschaft und dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind.

Um auf bestehende oder potenzielle „negative Einflüsse“ auf Menschenrechte und die Umwelt zu reagieren, sollen die Unternehmen
bei allen ihren Tätigkeiten einen Sorgfaltspflichtenprozess etablieren und befolgen. Mit diesem sollen Unternehmen geeignete Maßnahmen treffen, um aktuell bestehende oder drohende negative Einflüsse auf Menschenrechte oder die Umwelt entlang ihrer Wertschöpfungskette zunächst zu identifizieren sowie ihnen dann vorzubeugen, sie zu vermeiden oder zumindest zu minimieren oder sie zu beenden. Die kleineren Unternehmen sollen nur sektorspezifische schwerwiegende negative Einflüsse behandeln. Insgesamt wird bei den Vorgaben zwischen den Ebenen des direkten Vertragspartners und den übrigen Ebenen unterschieden. Lediglich bei direkten Geschäftsbeziehungen müssen vertragliche Bestimmungen festgelegt werden. Beachtenswert ist, dass für aus der Verletzung von Sorgfaltspflichten entstandene Schäden eine zivilrechtliche Haftung vorgesehen ist. Außerdem soll durch die Richtlinie eine Verpflichtung für Unternehmensleiter geschaffen werden, Sorgfaltspflichten bei ihren Handlungen zu berücksichtigen. Der Rechtsnatur nach handelt es sich bei dem Kommissionsvorschlag um eine Richtlinie, die nach ihrem Inkrafttreten innerhalb von zwei Jahren von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müsste. Die Pflichten aus dieser Richtlinie sollen für die erste Gruppe der Unternehmen (über 500 Mitarbeiter und mehr als 150 Mio. EUR Umsatz) zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie wirksam werden. Für die zweite Gruppe aus den definierten Sektoren wird diese Frist auf vier Jahre erweitert. Es ist zu erwarten, dass es noch zu teils erheblichen inhaltlichen Änderungen des Richtlinientextes kommen könnte.

Südwesttextil wird über den Gesamtverband textil+mode weiterhin laufend über die aktuellen Entwicklungen berichten. Allgemeine Informationen finden Sie unter: https://www.suedwesttextil.de/themen/lieferketten

Quelle: Südwesttextil - Verband der Südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V.

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