„100% Tirol – die Mütze und wie alles anfing“

Zum 20-jährigen Jubiläum des Tirol Shops hat dieser gemeinsam mit den auf alpine Rohstoffe spezialisierten Kollegen der Standortagentur Tirol den Versuch gewagt, eine Mütze 100% made in Tirol zu produzieren – vom Rohstoff bis zur Fertigung.

Nachdem sich die naheliegende Wolle vom Tiroler Bergschaf durch seine groben und kratzigen Eigenschaften allerdings nicht gut für Kleidung eignet, welche direkt auf der Haut getragen wird, stieß man bei der Suche für das geeignete Material auf Nutzhanf, welcher bereits in Osttirol (Halbfurter), aber auch in Mieming, Tirol (Tiroler Berghanf) angebaut wird.

In Dölsach nahe Lienz kultiviert Michael Halbfurter nun seit 2018 Nutzhanf – zu Beginn zunächst auf einem halben Hektar, inzwischen aber auf einer Fläche so groß wie sechs Fußballfelder. Hauptsächlich verarbeitet er Blüten und Samen zu Tee und Öl, die Stängel blieben jedoch lange mangels eines geeigneten Mähdreschers ungenutzt am Feld zurück. Deshalb tüftelte Michael Halbfurter an einer Maschine, um auch diese ökonomisch ernten zu können und so an jenes Ausgangsprodukt zu gelangen, aus dem die begehrten Fasern für die Textilherstellung gewonnen werden können. Für das Mützen-Experiment hat der Hanfbauer einige Stängel zunächst manuell geerntet, die als Basis für die Mütze 100 % made in Tirol dienten.

Das Material war also gefunden, aber für die Weiterverarbeitung der Stängel gibt es in Tirol derzeit weder geeignete Maschinen noch umfangreiches Knowhow. Deshalb wurde auf jahrhundertealte Gerätschaften zurückgegriffen, um aus den Hanfstängeln ein verstrickbares Garn zu gewinnen. Im Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum wurden die Osttiroler Hanfstängel in traditioneller Handarbeit beim sogenannten Hecheln und Brecheln so aufbereitet, dass am Ende nur mehr die Fasern übrigblieben – genauso, wie es zur Weiterverarbeitung gebraucht wurde.

Im Zuge der weiteren Versuche stellte sich heraus, dass sich die so gewonnene Hanffasern allein nicht zu einem Garn verarbeiten lassen. Aufgrund ihrer Beschaffenheit mussten sie mit einem anderen Material kombiniert werden, um daraus Textilien machen zu können. Um dem Moto 100% made in Tirol treu zu bleiben, wurde schlussendlich doch auf Tiroler Schafwolle zurückgegriffen, die - gepaart mit den Hanffasern – ein durchaus passables Garn ergab.

Aus dem Hanf-Schafwoll-Garn wurden schließlich per Hand 3 Prototypen gestrickt. Für die Serienproduktion und Wirtschaftlichkeit der Mütze, brauchte es einige Anpassungen und Weiterentwicklungen in der Rohstoffgewinnung und Fertigung, denn derzeit gibt es in Tirol weder genügend Hanf noch die geeigneten Maschinen und Verfahren, um die Stängel für eine Serienproduktion so zu verarbeiten. Der Hanf wird dafür bereits zu Fasern aufbereitet aus alpinen Nachbarländern wie beispielsweise Frankreich bezogen und die Mützen werden in Bayern gestrickt.

Aus der geplanten Mütze 100 % made in Tirol wurde für die Serienproduktion eine Mütze 100 % made im Alpenraum, und das ist auch nicht schlecht, oder?!

Übrigens ist die Paarung aus Hanf und Schafwolle ein echtes Best-Practice-Beispiel für alpine ganzheitliche Verwertung: Wie die Hanfstängel stellt auch die Schafwolle in Tirol bis heute größtenteils Abfallprodukte dar. Die Wolle der hauptsächlich für die Landschaftspflege gehaltenen Schafe ist ein Nebenprodukt, welches leider allzu oft keine Verwendung findet.

Generell ist in Tirol die Kultivierung von Hanf derzeit noch ein landwirtschaftliches Stiefkind. Um das zu ändern hat sich seit 3 Jahren in der Standortagentur Tirol ein eigenes Team aus Hochschulen, Landwirten und Unternehmen rund um die Materialtechnologin Valentine Troi damit beschäftigt, Hanf in Tirol wieder vermehrt zu kultivieren und seinen nachhaltigen Anbau zu fördern. Ziel dieser "Pionierarbeit made in Tirol" ist die gesamtheitliche Verwertung der Pflanze vom Stängel bis zum Samen. Entstanden ist daraus ein vielfältiges Netzwerk mit 55 Akteuren, welches auch im Jahr 2024 in der Standortagentur weitergeführt wird.

Standortagentur Tirol GmbH
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